Kryptowährung als B2B-Zahlungsmittel: Eher Chance oder Risiko?

In der Welt der Zahlungsmittel polarisiert wohl kaum ein Thema mehr als die Frage nach den Chancen und Risiken von Kryptowährungen. Legendär sind die Geschichte des Bitcoin Pizza Days und die Aussage von Warren Buffet, dass er „für alle Bitcoins der Welt keine 25 Dollar ausgeben“ würde. Doch wie steht es aktuell um die Chancen von Kryptowährungen im geschäftlichen Kontext?

Werden wir bald Geschäftsreisen und Mobilitätsservices mit Bitcoin bezahlen? Ist die Blockchain-Technologie nicht perfekt für schnelle Zahlungsprozesse im Einkauf geeignet?

Stehen wir gar unmittelbar vor einem Durchbruch von Kryptowährung als Zahlungsmittel im B2B-Sektor? Fokussieren wir uns auf zwei Aspekte: Wie weit sind wir von einer Nutzung im geschäftlichen Kontext noch entfernt? Und: Ist sich diese Entwicklung eher positiv, oder bringt sie neue Herausforderungen mit sich?


Kryptowährungen – aktuelle Trends

2021 geht als enorm großes Jahr für die Kryptowelt in die Geschichte ein: Der Bitcoin erreichte neue Höchststände, zugleich erreichte die Nachfrage ein ganz neues Niveau. Die Nutzung digitaler Währungen und der ihnen zugrunde liegenden Blockchain-Technologien stieg ebenfalls sprunghaft an. Seit 2017 hat der Krypto- und Blockchain-Sektor weltweit Risikokapitalinvestitionen in Höhe von fast 19,4 Mrd. USD angezogen. Und über 40 % davon (8,6 Mrd. USD) allein im Jahr 2021. [1]


Steigende Akzeptanz fördert technologische Innovationen

Auch die Anerkennung als offizielles Zahlungsmittel nimmt zu: 2021 begannen gleich mehrere namhafte US-Unternehmen, digitale Währungen als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Prominenteste Vertreter: PayPal und Tesla. Aber auch immer mehr traditionelle Finanzinstitute beteiligten sich. Mit ihrer zunehmenden Akzeptanz tragen sie weiter dazu bei, die Legitimität von Kryptowährungen weiter zu verbessern.

Dass auch immer mehr große und kleine Händler das digitale Zahlungsmittel akzeptieren, könnte auch für Einkäufer interessant werden. Es führt schon heute dazu, dass die Innovationen im Bereich der Krypto-Wallets samt der dazugehörigen Infrastruktur ebenso wachsen.

So gewinnen Stablecoins und Central Bank Digital Currencies (CBDC) ebenfalls an Bedeutung, da die unterschiedlichen Akteure am Markt versuchen, sich gegen die Volatilität bei dezentralen Kryptowährungstransaktionen abzusichern.

Und auch das Finanzwesen verändert sich: Dezentrale Finanzanwendungen [2] erbringen bereits finanzwirtschaftliche Dienstleistungen in Verbindung mit Krypto-Token und führen traditionelle Finanztransaktionen ohne Vermittler durch. Infolgedessen verlagert sich der Schwerpunkt zunehmend auf die erforderliche Infrastruktur, um die Akzeptanz sowohl bei Verbrauchern als auch bei Unternehmen zu stärken. Und in unterschiedlicher Ausprägung spielen neue Themen eine immer wichtigere Rolle: Der Run auf NFTs auf der einen – Stromverbrauch und Umweltaspekte auf der anderen Seite.


Der Run auf die NFTs – doch was sind das eigentlich?

Anleger, die ihr Portfolio diversifizieren und neue Chancen nutzen möchten, haben den Markt der Kryptos längst für sich entdeckt. Und zugleich hat er seinen Weg in die Popkultur gefunden: Am besten zeigt sich dies im rasanten Wachstum von NFTs (Non-Fungible-Token).

NFTs beziehen sich auf Token, die nicht fungibel sind, – was bedeutet, dass sie keinen miteinander identischen Wert haben. Ein Euro hingegen bleibt immer einen Euro wert. Ein NFT ist ein kryptografisch eindeutiges, unteilbares, unersetzbares und überprüfbares Token und repräsentiert einen Gegenstand (physisch oder digital) in einer Blockchain. Im Grunde genommen können NFTs so ziemlich alles repräsentieren – prominenteste Beispiel sind im Moment Kunstwerke. Und ob digitale Zeichnungen, Musik oder ikonische Screenshots – das Interesse und die Beschäftigung mit dem NFT-Markt haben stark zugenommen.

Der Einzug von NFTs in die Popkultur hat jedoch die Skepsis vieler Menschen gegenüber der Technologie mit sich gebracht. Und auch die direkte Anwendung im Business-Bereich ist begrenzt. Zumindest bis jetzt.

Denn an sich bieten NFTs ein großes Potenzial, das weit über die einfache digitale Bilderwelt hinausgeht. Dank der inhärenten Unveränderlichkeit der Blockchain bieten sie ein effektives System zur Nachverfolgung von Eigentumsverhältnissen und sind gleichzeitig dezentralisiert, was bedeutet, dass es keinen einzigen Fehlerpunkt gibt. Auch dies könnte die Art, wie wir Zahlungsprozesse im B2B-Bereich kennen, revolutionieren.


Leichte, schnelle Zahlungen und Schutz vor Inflation

Bitcoins wurden ursprünglich für die Erleichterung von Zahlungen konzipiert, was gerade im Procurement-Sektor im geschäftlichen Zahlungsverkehr Potenziale bietet. Mittlerweile gibt es ganze Ökosysteme, die Zahlungen mit Kryptowährungen ermöglichen. Und aktuell scheinen die Umstände perfekt für ein entsprechend weiteres Wachstum zu sein.

Denn die Inflation ist in zahlreichen Ländern der Welt bereits zu einem großen Problem geworden. Als erstes Land der Welt hat El Salvador Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel [3] zugelassen. Warum? Weil die steigende Inflation dafür sorgt, dass die Fiat-Währungen (die von Regierungen festgelegte Zahlungsmittel) beständig an Wert verlieren.

Werden wir uns aus diesem Grund verstärkt Kryptowährungen zuwenden? Das Medium umgibt andererseits eine starke Anti-Establishment-Rhetorik – weshalb auch die Einführung in El Salvador eher kritisch beäugt wurde. Doch seine Position außerhalb des traditionellen Geldsystems verleiht ihm die einzigartige Fähigkeit, sich Problemen wie der Inflation zu entziehen.

Wir werden abwarten müssen, ob dies allein zum großen Durchbruch führen wird. Wenn, ja wenn da nicht noch ein ganz anderes Problem mit Kryptowährungen verbunden wäre, das aktuell auf allen Kanälen gespielt wird: Der Stromverbrauch – und damit das Problem der Nachhaltigkeit für Unternehmen.


Nachhaltigkeit – das große Problem der Kryptos

Laut Schätzungen des Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index [4] verbraucht allein das Bitcoin-Netzwerk rund 125 Terrawattstunden pro Jahr. Es wird vermutet, dass eine einzige Bitcoin-Transaktion mit 2.189 Kilowattstunden zu Buche schlägt, – während im Vergleich dazu 100.000 Visa-Transaktionen nur 146 kWh [5] benötigen. Und dabei ist Bitcoin ist nicht etwa die einzige Kryptowährung – Ethereum, Ripple oder Litecoin sind nur 3 vieler weiteren.

Doch gerade Nachhaltigkeit ist das große Thema für Unternehmen – und daran wird sich in absehbarer Zeit nicht viel ändern. Sich einerseits Ziele für geringere CO2-Emissonen zu setzen und gleichzeitig Bitcoin und weitere energieintensive Kryptowährungen zu nutzen, könnte nicht aufgehen. Dennoch könnten Altcoins – jene alternative, digitale Assets, die nach dem Bitcoin erfunden wurden – einen Ausweg bieten. Gerade hier findet sich ein weniger bekanntes Ökosystem, das großes Potenzial für geschäftliche Anwendungen in sich trät.


Regulierung und Akzeptanz – die vielleicht größten Hürden

Trotz dieser Dynamik steht die Kryptoindustrie vor mehreren Herausforderungen – und die Regulierung ist vielleicht die größte. Wie bei vielen bahnbrechenden Technologien holt die Gesetzgebung langsam auf. Es gibt jedoch noch viel Gesprächsbedarf, gerade was die Sicherheit für Anleger betrifft. Und wie Kryptowährungen für böswillige Akteure weniger attraktiv gemacht werden könnten.

China hat eine harte Haltung eingenommen und verkündet, dass jegliche Krypto-Aktivitäten in dem Land illegal sind. China ist zwar ein riesiger Markt, dennoch muss seine Zurückhaltung kein zwangsläufiges Hindernis für die Verbreitung von Kryptowährungen sein.

Denn das Reich der Mitte hat bereits ein ganzes eigenes, von der übrigen Welt abgeschottetes Zahlungssystem. Kryptowährungen würden im Wesentlichen eine Erweiterung dieses Systems darstellen. Die beträchtliche Anzahl von Zahlungen zwischen China und dem Rest der Welt wird jedoch weiterhin in Fiat-Währungen abgewickelt werden. Und dies würde die Verbreitung von Kryptos zweifellos verlangsamen.

Eine klare Regulierung ist für den Erfolg der Kryptoindustrie von entscheidender Bedeutung und wird von Anlegern und Dienstleistern gleichermaßen begrüßt.

Aber die größte Hürde für Kryptowährungen bleibt vielleicht die gleiche wie immer: die Massenakzeptanz. Mit zunehmender Nutzung und den vielen Vorteilen, die sie bietet, könnte es zu einer Art Dominoeffekt kommen, der die Nutzung exponentiell ansteigen lässt.


Was bleibt als Fazit?

Kehren wir zurück zum Anfang des Artikels – und bilanzieren die aktuelle Entwicklung: Wie viel näher sind wir an einer weitverbreiteten Nutzung von Kryptowährungen im geschäftlichen Kontext?

Geht es um die Nutzung der Blockchain im Allgemeinen, können wir deutliche Fortschritte verzeichnen: Sei es bei Gamestop und ihrer NFT-Gaming-Plattform oder der Partnerschaft von VISA mit Nuvei [6] zur Einführung von Krypto-Debitkarten. Und auch UATP [7] ist eine solche Verbindung mit BitPay eingegangen, um Zahlungen in Kryptowährung zu ermöglichen.

Allein dies sind schon sehr positive Signale – denn je leichter der Einstieg in Kryptowährungen wird, desto eher werden Unternehmen das Potenzial für günstigere, schnellere und grenzüberschreitende Zahlungen erschließen. Dennoch verhindern aktuell jene wichtigen Fragen der Regulierung, zur Nachhaltigkeit und zur Volatilität von Kryptowährungen eher die groß angelegte Nutzung.

Als Investition bieten Kryptowährungen aktuell den größten Anreiz. Auch im Bereich der Anwendungen lässt sich beobachten, dass die Blockchain- und Kryptowährungstechnologie von Unternehmen mehr und mehr angenommen wird. Dennoch gibt es große Hürden zu überwinden, bevor wir von einem endgültigen Siegeszug von Bitcoin & Co werden sprechen können. Und sich Warren Buffet letztlich doch mal geirrt hat.

 

Quellen:

[1] The year ahead: Top payments trends to watch out for in 2022

[2] iPhoneKrypto-Token und dezentrale Finanzanwendungen

[3] Bitcoin wird in El Salvador Zahlungsmittel

[4] Bitcoins Stromverbrauch übertrifft den der Ukraine

[5] Bitcoin average energy consumption per transaction compared to that of VISA as of April 25, 2022

[6] Nuvei partners with Visa to launch crypto debit cards

[7] UATP partners with BitPay to enable cryptocurrency payments for travel


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